Seit dem Jahre 1985 erforscht eine kleine Gruppe des Vereins für Höhlenkunde in Obersteier (VHO) die Höhlen im Gebiet „In den Karen“ im Südostmassiv des Toten Gebirges. Bei der systematischen Bearbeitung des stark verkarsteten Areals war es möglich, bisher etwa 60 neue Höhlen zu erforschen und zu dokumentieren.
Das bedeutendste Objekt ist das DÖF-Sonnenleiter-Höhlensystem, bestehend aus DÖF-Schacht und Sonnenleiterschacht, deren Zusammenschluss bereits 1999 realisiert werden konnte. Bis 2007 wurden in diesem ausgedehnten Höhlensystem mehr als 18,2 km bei einer Gesamttiefe von 1054 m erforscht und vermessen. Das System war die erste mehr als 1000 m tiefe Höhle im Toten Gebirge und der Steiermark.
Seit einigen Jahren liegt der Schwerpunkt der Arbeiten in der Erforschung der Schachthöhle Ozonloch, welche auf 591 m Tiefe und mehr als 2 km Länge vermessen werden konnte. Im Jänner 2008 gelang schließlich der erhoffte Zusammenschluss mit dem DÖF-Sonnenleiter-Höhlensystem, wodurch dieses nun eine vermessene Gesamtlänge von 24.172 m bei einem Niveauunterschied von 1092 m aufweist. Neben der Forschungsgeschichte behandelt der Artikel auch das Karstgebiet und die Charakteristik des Höhlensystems.
Abstract
Since 1985 a small group of the Obersteier caving club (Verein für Höhlenkunde in Obersteier, VHO) has been systematically exploring the caves in a highly carstified area called In den Karen in the southeastern part of the Totes Gebirge mountain range. Up to now about 50 new caves have been surveyed. Most important is DÖF-Sonnenleiter-Höhlensystem consisting of DÖF-Schacht and Sonnenleiterschacht, two shaft caves which were connected in 1999. By 2007 this vast cave system was surveyed to a length of 18.2 km and a total depth of 1,054 m. It was the first cave found in Totes Gebirge und in the Styria deeper than 1,000 m. During the last few years exploration has been concentrating on the Ozonloch shaft, which has been surveyed to a depth of 591 m and a length of more than 2 km. In January 2008 a connection with DÖF-Sonnenleiter-Höhlensystem could finally be established pushing it to a total length of 24,172 m with 1,092 m of height difference. Apart from exploration history the article deals with the karst area and the characteristics of the cave system.
Die größte Karsthochfläche Österreichs und ihre Höhlen
Mit mehr als 1000 km² Gesamtausdehnung ist das Tote Gebirge das größte zusammenhängende Karstgebiet Österreichs. Der Große Priel ist mit 2515 m die höchste Erhebung. Die tiefstgelegenen Quellen befinden sich auf Höhen von knapp 600 m. Aufgeteilt auf das gesamte Areal befinden sich zahlreiche bedeutende Höhlen. Im österreichischen Höhlenkataster sind zurzeit etwa 2000 Höhlen im Toten Gebirge registriert. Darunter befinden sich das Schwarzmooskogel-Höhlensystem (1623/40; 97 km, -1104 m) und die momentan längste Höhle Österreichs, das Schönberg-Höhlensystem (1626/300; 140 km / -1061 m). Das in diesem Artikel beschriebene DÖF-Sonnenleiter-Höhlensystem ist momentan die drittlängste und zweittiefste Höhle dieses Gebirges.
Forschungsgeschichte – Ein tragischer Unfall lenkt die erste Aufmerksamkeit auf das Gebiet
Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit richtete sich erstmals auf das Gebiet, nachdem Herbert Jungbauer, ein Schifahrer aus Linz, am 13. März 1948 in einen offenen, mehr als 100 m tiefen Schacht gestürzt war. Bei einem Bergeversuch konnte der Schifahrer nicht gefunden werden. In beachtlicher Tiefe wurden lediglich Blutspuren angetroffen, der Schacht setzte sich weiter in die Tiefe fort.
Vier Jahre später, im Sommer 1951, wurde eine offizielle Expedition des Verbandes Österreichischer Höhlenforscher im Unglücksgebiet abgehalten. Es stellte sich heraus, dass es im Sommer nicht so einfach war, den Unglücksschacht zu finden. Auf einem Areal von 250 x 150 m wurden 43 Schächte gefunden, eingemessen und markiert. Dieser Teil des Gebiets In den Karen wurde daraufhin Tauplitz-Schachtzone genannt. Die sterblichen Reste von Jungbauer wurden jedoch auch bei dieser Expedition nicht gefunden – dies gelang erst bei einer Befahrung im Rahmen der Schulungs- und Diskussionswoche 1978.
Im Jahre 1975 nahmen französische Speläologen aus Doubs, Clerval-Baume und Cavernes die Forschungen wieder auf. Ihr Interesse galt hauptsächlich tiefen Schächten. Von Anfang an benutzten sie die Einseiltechnik und erreichten 1980 im Burgunderschacht eine Tiefe von –827 m. Für lange Zeit war das die tiefste Höhle im Gebiet. Nach Erreichen des Endsiphons blieben jedoch zahlreiche horizontale Fortsetzungen unbearbeitet zurück. Der Landesverein für Höhlenkunde in Wien und Niederösterreich nahm sich des Gebiets an und begann mit der systematischen Bearbeitung. Hierbei wuchs die dokumentierte Gesamtlänge des Burgunderschachts (1625/20) von 1,5 km auf 22.588 m.
Schachthungrige Teenager finden ihre speläologische Spielwiese
Im größten Teil des Gebiets In den Karen waren bis 1985 noch keine Höhlen erkundet worden. In diesem Jahr fanden Robert Seebacher, Klaus Jäger und Peter Jeutter im Alter von 15, 16 und 18 Jahren östlich der nun so genannten Klassischen Tauplitz-Schachtzone viele unbekannte Schächte und begannen mit der systematischen Bearbeitung eines größeren Areals.
Bis heute wurden von den damaligen Teenagern etwa 60 Höhlen entdeckt, erkundet und vermessen.
Mehrere tiefe Direktschächte sind genau die richtige Herausforderung
Gleich im ersten Jahr wurden mehrere Schächte erforscht und die Einstiege mit einer Oberflächenvermessung verbunden. Die erste bemerkenswerte Entdeckung war 1986 der DÖF-Schacht (Deutsch-Österreichische-Freundschaft-Schacht) mit dem 154 m tiefen Direktschacht Big Brother. Im Jahr 1989 erreichten die Forscher einen Siphon in 322 m Tiefe, nachdem bei –277 m eine vertikale Engstelle erweitert worden war. Zur gleichen Zeit erbrachten Forschungen im Canyonschacht (1625/382), welcher im südlichen Bereich des Gebiets liegt, eine vermessene Länge von 2040 m, bei einer Tiefe von 287 m. Auch diese Höhle weist imposante Schachtstufen auf, unter anderem den 145 m tiefen Großen Durchfallschacht.
Das 1989 erreichte Ende im DÖF-Schacht schien zunächst endgültig zu sein. Horizontale Passagen gab es bis zu diesem Zeitpunkt keine. Ein kleiner, in der Schachtwand bei –210 m ansetzender Canyon war aber 1991 schließlich der Schlüssel zu weiterem Neuland. Die gute Nachricht war: „Es geht weiter!“. Die schlechte war, wie es weiter ging. In einer Tiefe von 240 m beginnt ein sehr enger und stark gewundener Mäander, dessen leichte Wetterführung die einzige Motivation für seine Erforschung war. Auf einer Länge von 40 m sind unzählige Engstellen und mehrere 180°-Kurven zu bewältigen. Der Name Exzessmäander kommt nicht von ungefähr. Forscher brauchen gute Nerven und sollten möglichst nicht größer als 1,80 m sein, maximal Schuhgröße 43 haben und die gesamte Schachtausrüstung ablegen. Nachdem die Ausrüstung hinter der letzten Engstelle auf einem Einmann-Sims wieder angezogen ist, kann der Abstieg über wieder geräumige Schächte fortgesetzt werden.
So gelang es den Autoren, noch im selben Jahr 527 m Tiefe bei offenem Ende zu erreichen.
Die dritte große Höhle, der Sonnenleiterschacht, wurde 1988 entdeckt. Sehr geräumige Stufen konnten in diesem Jahr bis zu einem engen Mäander in 165 m Tiefe vermessen werden. Im Jahr 1992 seilte sich Robert Seebacher bis zum damaligen Endpunkt ab und untersuchte dort eine vertikale Engstelle. Nach knapp 2 m erreichte er den Grund, kroch ein Stück horizontal weiter und konnte in den nächsten Schacht blicken. Diese Schachtfolge ist 190 m tief und nur durch zwei kleine Absätze unterbrochen.
Entdeckung eines ausgedehnten Horizontalniveaus
Unterhalb dieser beeindruckenden Vertikalpassage machten wir die bisher interessanteste Entdeckung: Ein horizontales Gangsystem mit Tunneln von bis zu 10 m Durchmesser. Schlüssellochgänge erreichen bis zu 20 m Höhe. Noch im gleichen Jahr wuchs die vermessene Länge des Sonnenleiterschachtes von 323 m auf 3135 m. Die Tiefe änderte sich von 165 m auf 582 m. Da sich die Horizontalteile vorwiegend in Tiefen zwischen 350 und 400 m erstrecken, war es nun erstmals erforderlich, Höhlenbiwaks einzurichten.
1993 wurden die Forschungen im Sonnenleiterschacht fortgesetzt und eine Tiefe von 735 m bei einer Länge von 5439 m erreicht.
Im selben Jahr wurde eine neue Höhle gefunden, der Geisterjägerschacht. Im Prinzip handelt es sich um einen Schacht, der nur von kleinen Stufen unterbrochen wird und sehr rasch bis in 431 m Tiefe erforscht werden konnte. Die zwei größten Direktstufen sind ein 92-m-Schacht und der 191 m tiefe Sledge-Hammer-Schacht. Letzterer ist der tiefste Direktabstieg In den Karen. Diese Schachtstufe weist einen Durchmesser von bis zu 25 m auf. Um den Boden zu erreichen war eine Abseilfahrt ohne Wandberührung von 180 m erforderlich. Mit Hilfe der Messdatenauswertung fanden wir 1994 von dort den kniffligen Weg in den Horizontalteil des Sonnenleiterschachtes, der durch eine unangenehme, über 100 m lange Kluftstrecke mit ständigen Niveauwechseln und mehreren Schachtquerungen führte.
Durch den Zusammenschluss erhöhte sich die Niveaudifferenz auf -785 m. Weitere Forschungen brachten die Länge in diesem Jahr auf 7483 m. Die Horizontalerstreckung lag bereits bei 800 m.
Im DÖF-Schacht weiter in die Tiefe
Tiefenvorstöße im DÖF-Schacht erfordern sichere Wetterverhältnisse. Im Herbst 1994 schienen die Verhältnisse zu passen. Nachdem die Tour auf –527 m mehr als 14 Stunden gedauert hatte, war für weitere Vorstöße ein Höhlenbiwak unumgänglich. Da Horizontalteile fehlen, blieb nichts anderes, als eine geneigte Felsplatte am Fuß eines kleinen Wasserfalls als Biwakstelle zu nutzen. Das Biwak war fürchterlich. Ein am Fußende gespanntes Seil verhinderte das Abrutschen in den Strudeltopf des daneben tosenden Wasserfalles.
Trotz allem gelang es, auf genau 700 m Tiefe abzusteigen, wo das Seil im oberen Bereich eines großen Schachtes zu Ende ging. Weitere 70-100 m Tiefe wurden geschätzt. Der Wasserfall, der durch den Schacht stürzt, erzeugt starken Nebel, was zum Namen Nebelschacht führte. Roberts Fuß war verletzt, und der Aufstieg zum Biwak und am nächsten Tag aus der Höhle gestaltete sich problematisch. Draußen war in der Zwischenzeit viel Schnee gefallen und es war schwierig, das Einstiegskar der Höhle zu verlassen. Das Zelt war unter der Last des Schnees zusammengebrochen, alles war nass und die Nacht dementsprechend unangenehm. Am nächsten Tag halfen uns Freunde mit Tourenschi den Abstieg zu bewältigen.
Nach einem verregneten Sommer gab es 1995 einen großartigen Herbst. Vier niederschlagsfreie Wochen boten die idealen Verhältnisse für einen weiteren Vorstoß in den DÖF-Schacht. Der Wasserfall beim Höhlenbiwak war zahm. Es stellte sich heraus, dass der Nebelschacht insgesamt 95 m tief ist. Darauf folgen viele kleine Stufen mit schönen Wasserfalltümpeln und herauskorrodierten Fossilien. Unter trockenen Bedingungen ist dies wohl einer der schönsten Höhlenteile, jedoch sollte man nicht vergessen, wie es hier bei Normal- oder bei Hochwasser aussieht! Dieser Abschnitt erhielt den Namen Viktoriafälle, nachdem der Hauptbach der Höhle bereits 1994 den Namen Zambezi erhalten hatte. Ein deutlich bewetterter, nicht sehr tiefer, aber geräumiger Schacht bei –839 m war der Umkehrpunkt. Bei einer Tour im Winter 1999 gelang es schließlich, bis auf -962 m vorzustoßen. Dazu wurde in einer Tiefe von 502 m am Grund eines trockenen Schachts im 500er-Gang ein neues Biwak errichtet. Es bietet zwar schon für zwei Personen wenig Platz und ist nur durch Abklettern erreichbar, dafür ist es aber trocken, ruhig und eben. Im Anschluss an die Viktoriafälle wird bald der 56 m tiefe Abyss-Schacht erreicht. Ihm folgen mehrere kleine Stufen bis zum Umkehrpunkt bei einem weiteren kleinen Abstieg. Auch hier ist noch Wetterführung spürbar, und es sind noch keine Anzeichen einer Rückstauzone zu erkennen.
Im Sonnenleiterschacht gelingt der Durchbruch in Richtung Süden
In der Zwischenzeit gelang es, im Horizontalteil des Sonnenleiterschachts weiter in Richtung Süden vorzudringen. Die großen fossilen Gänge schienen bis 1995 an einem massiven, stark bewetterten Versturz zu enden. Diesen zu überwinden war Ziel mehrerer Touren. Durch Erklettern einer 15 m hohen Wand wurde eine große Halle erreicht. Von dort aus mussten in einem kleinräumigen Gang noch zwei sperrende Verstürze ausgegraben werden. Dahinter liegt die Fortsetzung der großen phreatischen Tunnel, die in weiterer Folge mehrere Kilometer Neuland brachten. Bis zum Sommer 1999 wurde so 9772 m Gesamtganglänge erreicht.
Der Weg zur tiefsten Höhle des Toten Gebirges
Die Auswertung der Messdaten zeigte, dass sich DÖF- und Sonnenleiterschacht im Horizontalsystem (ca. –350 m) schon sehr nahe gekommen waren. Eine Verbindung wurde von Tour zu Tour wahrscheinlicher, und die Suche nach einem möglichen Durchstieg wurde intensiviert. Trotz dreier bis zu 18 Stunden langer Tagestouren gelang es 1998 nicht, diese Verbindung zu finden. Erst Ende Juli 1999 wurde mit dem letzten Seilrest, vom DÖF-Schacht ausgehend, nach Überwindung mehrerer Engstellen, Kletterstellen und Schachttraversen, der erhoffte Zusammenschluss geschafft. Hierzu wurde im Verbindungsgang ein Behelfsbiwak errichtet. Der Ausstieg erfolgte durch den Sonnenleiterschacht.
Das neue DÖF-Sonnenleiter-Höhlensystem erreichte durch den höheren Eingang des Geisterjägerschachtes eine Niveaudifferenz von -1042 m und zu diesem Zeitpunkt eine Gesamtlänge von 12.772 m. Erstmals wurde der „magische“ Wert von 1000 m Niveaudifferenz im Toten Gebirge sowie in der Steiermark überschritten.
Wir entdecken Patagonien
Bei weiteren Vorstößen in den Süden des Systems wurden in den Jahren 1999 und 2000 ausgedehnte phreatische Gänge gefunden. Unter anderem ein durchgehend begehbarer, über 500 m langer Gang, welcher an einem stark bewetterten Versturz endet. In diesem Bereich reicht das Horizontalsystem bis auf eine Seehöhe von 1400 m hinab. Dieser Höhlenbereich wurde Patagonien genannt und bietet noch großes Potential für weitere Forschungen.
Down to the Waterline
Eine Wintertour in den DÖF-Schacht im März 2000 hatte das Ziel, das Schachtsystem bis zum Karstwasserspiegel zu befahren. Leider war aufgrund der zu milden Witterung die Wasserführung in den Schächten zu stark und auf dem bekannten Weg ein Abstieg nur bis auf –550 m möglich. Eine Nebenstrecke wurde vermessen und bei –650 m mit dem bekannten Schachtsystem verbunden. Dadurch ergibt sich nun die Möglichkeit, bis auf diese Tiefe hochwassersicher abzusteigen.
Im Februar 2002 erfolgte schließlich ein weiterer Vorstoß, um endlich das Ende der Schachtserie zu erreichen. Wir planten den Vorstoß so, dass wir auch als Zweimannteam genügend Zeit und Material zur Verfügung hatten, um dieses Ziel zu erreichen.
Zusätzliche 200 m Seil, Biwakausrüstung und Verpflegung bremsten uns dementsprechend. In einer Tiefe von 900 m wurde am Schachtboden des Abyss neben dem prasselnden Wasserfall auf feuchtem Lehm ein weiteres Biwak errichtet. Hierbei handelt es sich um den mit Abstand grauenhaftesten Biwakplatz im gesamten DÖF-Sonnenleiter-Höhlensystem. Leider kam es so, wie es in der Höhlenforschung oft eintritt: Wir benötigten vom mitgebrachten 200-m-Seil lediglich 5 m für den letzten Schacht. Danach folgten einige Kletterstellen, ein nasser Schluf und schließlich der Endsiphon auf einer Seehöhe von 904 m, 974 m unter dem Eingang des DÖF-Schachtes. Durch einen engen Spalt neben dem Biwak konnte als Draufgabe noch der Höhlenteil The Dark Side of the Moon erforscht werden. Stark verlehmte Schächte und Spalten führen bis in eine Tiefe von etwa 930 m. Es ergab sich bei dieser sehr anstrengenden 119-stündigen Tour also ein Tiefenzuwachs von nur 12 m. Die Niveaudifferenz des Gesamtsystems stieg auf -1054 m.
Da war doch noch was…
Bereits 1989 untersuchte das damals noch sehr junge Team eine Höhle im nördlichen Bereich des Arbeitsgebietes, das Ozonloch. Bei einer Tour konnte dieses Objekt auf eine Länge von 105 m bei einer Tiefe von 53 m erforscht und vermessen werden. Obwohl die Höhle aufgrund der starken Bewetterung und einiger offener Fortsetzungen als sehr interessant eingestuft wurde, kam es vorerst zu keinen weiteren Unternehmungen. Zu sehr war das Team mit der aufwändigen Erforschung des Canyonschachtes (1625/382), des DÖF-Schachtes und des Sonnenleiterschachtes beschäftigt. Bald wurde aber das Gebiet, in dem das Ozonloch liegt, unterirdisch über die Nordwestpassage des Sonnenleiterschachtes erreicht, was die Höhle wieder zu einem sehr reizvollen Forschungsziel machte.
Im Herbst 2003 wurden dann die Forschungsarbeiten wieder aufgenommen. 15 meist sehr lange Touren folgten, bei denen mehr als 3 km Neuland entdeckt und vermessen werden konnten. Der tiefste erreichte Punkt liegt bereits bei -591 m. Im Jahr 2006 wurde 460 m unter dem Eingang ein Biwak eingerichtet, welches seitdem bei den meisten Einsätzen als Stützpunkt diente. Die erhoffte Verbindung des Ozonlochs mit dem DÖF-Sonnenleiter-Höhlensystem gestaltete sich aber schwieriger als gedacht und gelang erst, nachdem zwei sperrende Lehmsiphone durchgraben und ein Versturz ausgeräumt worden waren. Zusätzlich war es notwendig, mehrere Schlote in technischer Kletterei zu bezwingen. Diese Forschungen erforderten mehrere Touren, bei denen jeweils mindestens bis in 460 m Tiefe abgestiegen werden musste.
Schließlich gelang es am 26. Jänner 2008, im Zuge einer mehrtägigen Biwaktour vom Ozonloch in die Nordteile des Sonnenleiterschachts vorzudringen. Durch diese Verbindung erhöhte sich die Horizontalerstreckung auf 1620 m, die Niveaudifferenz kletterte auf 1092 m.
Zusätzlich erbrachten weitere Forschungen in verschiedenen Bereichen des Sonnenleiterschachts und des Ozonlochs weiteres Neuland. So war es z.B. möglich, über einen geräumigen, in Richtung Nordwesten ziehenden Gang weit unter den Gipfelaufbau des Großen Tragl (2179 m) zu gelangen. Insgesamt hat das ausgedehnte Höhlensystem nun 10 Eingänge und 4 auf das Hauptniveau in rund 1550 m Seehöhe hinabführende Schachtsysteme. Das DÖF-Sonnenleiter-Höhlensystem ist mit einer Gesamttiefe von 1.092 m die zweittiefste Höhle des Toten Gebirges sowie der Steiermark.
Neben den Autoren (Robert Seebacher u. Peter Jeutter) waren zahlreiche Personen an der Erforschung der Höhle beteiligt.
Im Wesentlichen waren dies: Klaus Jäger, Patrick Hautzinger, Manfred Segl, Sebastian Kogler, Erwin Hüttner, Michael Reichmann, Heidrun André, Ernest Geyer, Michael Behm, Christoph Peer und Lukas Plan.
Ausblick
Die Forschungen laufen weiter. Ansätze dazu sind im ganzen System vorhanden. Unzählige Schächte führen weiter in die Tiefe. Aussichtsreiches horizontales Neuland erwarten wir vor allem ganz im Süden, ganz im Norden sowie in den tiefen Teilen des Ozonlochs. Die meisten Forschungen sind jetzt mit viel Zeitaufwand verbunden; stellenweise sind zwei Tage Anmarsch nötig, um ins Neuland zu gelangen.
Weitere Forschungen könnten sowohl Verbindungen zu Höhlen der näheren Umgebung bringen (Burgunderschacht, Grubsteinhöhlen) als auch Höhlengänge im Zentralmassiv des Toten Gebirges erschließen.
Aktueller Forschungsstand (11/2024)
Vermessene Gesamtlänge: 25.482 m
Niveaudifferenz: -1.092 m
Horizontalerstreckung: 1.623 m
Aktuelle Informationen über die laufenden Forschungen findet man im Forschungsblog.