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Tauchgang im kalten Herz des Dachsteines

Siphonzone der Oase in der Hilatzhöhle überwunden 

Die derzeit etwa 86 km lange Hirlatzhöhle erstreckt sich entlang der Nordflanke des Dachsteines und besitzt ausgedehnte Gangsysteme im Höhenbereich zwischen 500 und 1500 müNN. Resultierend aus dieser eher tiefen Lage der Gänge sind diese in vielen Teilen noch aktiv und werden zeitweise von beachtlichen Gerinnen durchflossen. Teilweise sehr große Gänge sind durch Siphone verschlossen. Eine solche Fortsetzung ist die „Oase“, ein sehr großräumiger Siphon, der den Höhlenteil „Südwesten“ ganzjährig abschließt.

Bei der Schneeschmelze oder bei Starkregen entströmen der Oase schätzungsweise 10 bis 15 m³/s Wasser, welches bei den Riesenkarstquellen Waldbachursprung, Dürrenbach Ursprung und Brandgrabenhöhle austritt.

Dabei werden von der Oase aus, große Teile des westlichen Systemes der Hirlatzhöhle geflutet, was interessante Einblicke in das komplizierte hydrologische System des Dachsteines ermöglicht.

Im Jänner 1996 wurde die Oase von Michael Meyberg erstmals betaucht. Nach einer Unterwasserstrecke von 80 m taucht der Gang wieder aus dem Wasser. Nach Überwindung einer etwa 75 m langen Watstrecke erreichte er den 2. Siphon, der so wie der erste mit Gangbreiten von etwa 10 m beachtliche Dimensionen aufweist.

Nach einer weiteren Tauchstrecke von 60 m konnte er im „Vestibulum“, einem etwa 10 x 20 m messenden Höhlensee erneut auftauchen. Eine eindeutige Fortsetzung des Riesenganges konnte er aus Zeitmangel nicht finden. Er vermutete aber, daß sich von hier die Höhle unter Wasser weiter in Richtung Süden erstreckt.

Ziel des nun vom Verfasser durchgeführten Tauchganges war es, zu erkunden, ob und wie sich die Höhle hinter dem „Vestibulum“ fortsetzt.

Die Expedition mußte bereits etwa 6 Monate im Voraus geplant werden, da für den Transport der schweren Tauchausrüstung genügend Träger organisiert werden mußten. Weiters wurde bei einer Vortour im November 1998 bereits ein Teil der Ausrüstung und Biwakmaterial bis ins Grünkogelbiwak transportiert. Das Biwak liegt etwa 5 km vom Höhleneingang entfernt und ist mit schwererem Gepäck nur in einem etwa 6 bis 8stündigen Marsch erreichbar.

Am 05. Februar 1999 wurde die eigentliche Expedition gestartet. Die Mannschaft transportiere das Material bis ins Grünkogelbiwak, um es dann am nächsten Tag bis zur Oase zu bringen. Dies beanspruchte einen weiteren Anmarsch von etwa 2 Stunden. Folgende Personen, ohne die der Vorstoß unmöglich gewesen wäre, nahmen als Träger an der Tour teil: BUCHEGGER Gottfried, GLITZNER Andreas, GRIESS Hanno, LAMMER Hildegard, LAMMER Günter, MAYER Ulrich, NÖSTL Alfred, PSCHERER Andreas und ZENZ Rüdiger.

Das Gesamtgewicht der Tauchausrüstung betrug etwa 60 kg und setzte sich aus folgendem Material zusammen: 4 Stk. Pressluftflaschen (4 Liter/240 bar), 4 Lungenautomaten mit Finimetern, Tragegestell mit Tarriervorrichtung, Neopren-Trockentauchanzug, Neopren Handschuhe, 8 kg Blei, Isolations Unterzieher, Leitseilrolle mit 300 m Perlonleine, 2 Tauch-Stablampen für Helmmontage, Stirnlampe mit Akkutank (30 Watt/7 Ah), 1 P Flossen, Tauchkompaß, Messer, Seitenschneider, Notleine (50 m), 2 Stk. Aladin Tauchcomputer,  2 Stk. Tauchmasken und eine UW-Schreibtafel.

Natürlich mußte jeder Teilnehmer zusätzlich zur Tauchausrüstung auch noch die eigene Verpflegung und Biwakmaterial mitnehmen. 

Der Tauchgang: 

Am 06. Februar 1999 wurde die gesamte Tauchausrüstung vom Biwak etwa 1 km weit, bis zur Oase transportiert.

Der Wasserstand des Siphones befand sich am Tiefststand und bot ideale Bedingungen für einen Tauchvorstoß. Die Wassertemperatur liegt in diesem Bereich der Höhle bei etwa 3 °C, was verdeutlicht, daß ein Tauchvorstoß ohne Trockentauchanzug wohl unmöglich ist.

In den Tauchstrecken war keinerlei Strömung bemerkbar und die Sichtverhältnisse waren ausgezeichnet.

Zwei 4 l Pressluftflaschen wurden am Rücken getragen und weitere 2 Flaschen wurden seitlich montiert, um sie bei Bedarf unterwegs ablegen zu können. So wäre es möglich gewesen, in einem seichten Siphon etwa 300 m weit vorzustoßen. 

Der erste Siphon beginnt in der „Oase“, einem etwa 10 x 5 m großen Höhlensee und führt von dort relativ rasch bis in eine Tiefe von 8 m. In dieser Tiefe setzt sich die Unterwasserstrecke mit einer Breite von etwa 10 m und einer Höhe von ca. 5 m weiter in Richtung SO fort. Der Boden ist mit feinem, sandigem Sediment und großen Versturzblöcken bedeckt. Nach etwa 80 m Siphonstrecke taucht man in einem etwa 10 m breiten und ebenso hohen Gang auf.

Durch diesen Gang muß man etwa 75 m weit durch seichte Wasserbecken waten und zwischendurch in tiefere Gumpen klettern. Dieser Bereich stellte für den mit etwa 60 kg Ausrüstung beladenen Taucher den schwierigsten Teil des Vorstoßes dar.

Der 2. Siphon gleicht dem 1. in Form und Größe. Er hat aber eine maximale Tiefe von 12 m. Nach einer Tauchstrecke von etwa 60 m erreicht man einen Berg chaotisch übereinander aufgetürmter Versturzblöcke, welcher fast bis zur Wasseroberfläche hinaufreicht. Darüber befindet sich das „Vestibulum“, ein etwa 10 x 15 m großer Höhlensee mit Schlotfortsetzung, der Endpunkt der letzten Erkundung von M. Meyberg.

Von hier galt es, den Weiterweg zu finden. Nach Umschwimmen des Versturzberges konnte nach einiger Suche eine Fortsetzung in Richtung SW gefunden werden. Der mit feinem weißem Sand bedeckte Boden steigt hier steil an und nach wenigen Metern konnte erneut die Wasseroberfläche erreicht werden. Ein etwa 10 bis 15 m breiter und 6 m hoher Gang führt von hier als einzige Fortsetzung über Versturzblöcke steil nach oben.

Bei genauerer Betrachtung der Auftauchstelle konnte weiters festgestellt werden, daß eine bis zu 1 m hohe und mehrere Meter breite lufterfüllte Verbindung zum „Vestibulum“ besteht und diese Strecke auch schwimmend zu überwinden wäre. Ein Herausklettern aus dem Wasser, bzw. ein Ablegen der umfangreichen Ausrüstung ohne fremde Hilfe war aus Sicherheitsgründen nicht möglich und so wurde von einer weiteren Erkundung abgesehen.

Das Ziel dieser Tour war ohnedies erreicht, da die Siphonzone vollständig überwunden werden konnte. Nun war der Weg für ein aus mindestens 2 Tauchern bestehendes Forscherteam geebnet, welches mit optimierter Ausrüstung dort aus dem Wasser steigen kann um die trockene Forschung fortzuführen.

Zur Durchquerung der Siphonzone genügt ein 2 x 4 l Tauchgerät. Die Leine ist fix installiert und man kann nun auch auf schwere Akkuleuchten mit hoher Wattzahl verzichten. 

Bereits am 13. März 1999 wurde erneut in der Oase getaucht. Michael MEYBERG und Peter HÜBNER durchtauchten gemeinsam die beiden Siphone und gelangten über die vom Verfasser entdeckte Fortsetzung in interessantes Neuland. Ein steil nach oben führender, immer breiter werdender Gang mündet in die bisher größte Halle der Hirlatzhöhle, dem Wadiland. Mit einer maximalen Breite von 60 m  und einer Länge von über 100 m  verdeutlicht dieser Raum das ungeheure Potential dieses Höhlenteiles. Leider befindet sich der aus der Halle weiterführende Gang ober einer etwa 10 m hohen, überhängenden Wand. Hier müßte durch den Einsatz von technischer Kletterei, das zweifellos interessante Neuland „erschlossert“ werden. Ein Ziel der nächsten Dimension, welches vielleicht in naher Zukunft in Angriff genommen wird. 

Natürlich würde es die Sache enorm erleichtern, wenn das Wadiland auch ohne zu Tauchen erreichbar wäre. Mögliche Ansatzpunkte für eine Umgehung der Siphonzone liegen in der Sahara. Leider handelt es sich durchwegs um Schlote, die an der Decke der großen Halle ansetzen.

Von 15.11. bis 16.11.2000 biwakierten Patrick Hautzinger und der Verfasser in der Höhle, um mit Hilfe eines Benzin-Bohrhammers eines dieser „Deckenlöcher“ zu untersuchen.

Über eine nach oben hin immer stärker überhängende Wand, gelang es tatsächlich, einen etwa 1,5 x 1 m großen, 22 m über dem Hallenboden gelegenen Schlot zu erreichen. Der Schlot führt etwa weitere 5 m senkrecht nach oben. Ein kleiner Gangansatz am höchsten Punkt ist leider durch einen Lehmpfropfen blockiert.

Jedoch warten noch weitere Schlote im Bereich der Sahara auf ihre Bezwinger. 

Dank:

An mindestens einer der beiden Tauchtouren haben folgende Personen Teilgenommen: Hans-Peter BOSCH, Gottfried BUCHEGGER, Walter DAVID, Gottfried DERKA, Robert ECKHART, Erich GÄRTNER, Andreas GLITZNER, Walter GREGER, Patrick HAUTZINGER, Peter HÜBNER, Günter LAMMER, Hildegard LAMMER, Caspar MARGARINOS, Michael MEYBERG, Ulrich MEYER, Franz MOITZI, Mark MORGAN, Herbert NEUMAIER, Ludwig PÜRMAYR, Peter OTTO, Martin RAAB, Rene SCHERER, Franz SCHMIDT, Robert SEEBACHER, Peter SEETHALER, Birgit REHHÄUßER, Wini WIEDMANN und Rüdiger ZENZ.

All diesen Leuten gebührt besonderer Dank, da ohne deren Mitwirkung die Tauchgänge unmöglich gewesen wären.

Darüber hinaus möchte ich mich aber gesondert bei Hildegard LAMMER bedanken, die in gewohnt professioneller Art eine große Zahl von Trägern für meine Tauchtour zustande brachte. 

Literaturhinweise: 

DERKA, G.:                                    „Wo vorher noch keiner war“. Format, 16/1999, S 114 - 115, Wien 1999. 

MEYBERG, M. u. B. Rinne: Tauchen in der Hirlatzhöhle. Die Hirlatzhöhle im Dachstein, Red. Gottfried Buchegger und Walter Greger, PYTHEAS Verlag und Graphikdienstleistung – GmbH, Budapest, S. 223, Hallstatt 1998. 

HÜBNER, P.:                                 Vorstoß ins Wadiland. Höhlenkundliche Vereinsinformation des Vereines für Höhlenkunde Hallstatt-Obertraun, Jahrgang 22/2000, S. 43-47, Hallstatt 2000.