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Schachtforschung "In den Karen" |
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Klassische Tauplitz-SchachtzoneForschungen im östlichen Bereich des Gebietes
DÖF - Sonnenleiter - Höhlensystem
Aktuelle Forschungen
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Forschungen im östlichen Bereich des Gebietes
Im größten Teil des Gebietes
„In den Karen“ waren bis 1985 keine Höhlen erkundet worden. In diesem Jahr
fanden drei Burschen, 15, 16 und 18 Jahre alt (Klaus Jäger und die Autoren) am
Weg zur Grubstein Westwandhöhle viele unbekannte Schächte. Das Gebiet ist
nicht so dicht mit Schachteinstiegen übersät, wie die Tauplitz Schachtzone.
Jedoch übte diese Landschaft genug Anziehungskraft auf die schachthungrigen
Teenager aus, um ab jetzt systematisch bearbeitet zu werden.
Von 1985-2003 wurden von den Forschern in
diesem Areal 45 zuvor unbekannte Schachthöhlen entdeckt,
erkundet und vermessen.
Im ersten Jahr wurden mehrere Schächte erforscht und die Einstiege mit einer
Oberflächenvermessung verbunden. Auch in den Folgejahren wurde jeweils im Sommer
und im Herbst geforscht. Die erste bemerkenswerte Entdeckung war schließlich der
154 m tiefe Direktschacht im „DÖF-Schacht“, genannt „Big Brother“. Im Jahr 1989
erreichten die Forscher einen Siphon in –322 m Tiefe, nachdem bei –277 m eine
vertikale Engstelle erweitert wurde. Zur gleichen Zeit erbrachten Forschungen im
Canyonschacht eine vermessene Länge von 2040 m, bei einer Tiefe von 287 m. Auch
diese Höhle weist imposante
Schachtstufen auf, unter anderen der 145 m tiefe Direktschacht „Großer
Durchfallschacht“.
Die dritte Höhle mit großem Potential im östlichen Bereich ist der 1988 entdeckte Sonnenleiterschacht. Sehr geräumige Schächte konnten in diesem Jahr bis zu einem sehr engen Mäander in 165 m Tiefe vermessen werden. Im Jahr 1992 seilte sich Robert alleine bis zum damaligen Endpunkt ab und untersuchte dort einen vertikalen Schluf. Nach knapp 2 m erreichte er den Grund, kroch ein Stück weiter und konnte in den nächsten Schacht blicken. Dieser Schacht ist eigentlich 190 m tief aber durch 2 kleine Stufen unterbrochen.
Was darunter kam, war die bisher interessanteste Entdeckung: Ein horizontales
Gangsystem mit Tunneln von bis zu 10 m Durchmesser. Schlüssellochgänge erreichen
bis zu 20 m Höhe. Noch im gleichen Jahr wuchs die vermessene Länge von 323 m auf
3135 m. Die Tiefe veränderte sich von 165 m auf 582 m. Da sich die
Horizontalteile vorwiegend in Tiefen zwischen 350 und 400 m erstrecken,
war es nun erstmals erforderlich Höhlenbiwaks einzurichten.
Im nächsten Jahr
wurden die Forschungen im Sonnenleiter-schacht fortgesetzt und eine Tiefer von
735 m bei einer Länge von 5439 m erreicht. Im selben Jahr wurde eine neue Höhle
gefunden, der „Geisterjägerschacht“. Dieser Schacht ist wiederum ein
ausgezeichnetes Beispiel für eine rein vertikal entwickelte Höhle. Im Prinzip handelt es sich um einen Schacht, der von mehreren
Stufen unterbrochen wird und bis 431 m Tiefe erforscht wurde. Die zwei größten
Direktstufen sind ein 92 m-Schacht und der 191 m tiefe „Sledge Hammer –
Schacht“. Letzterer ist der tiefste Direktabstieg In den Karen. Mit Hilfe der
Messdaten fanden wir 1994 von dort den kniffligen Weg in den Horizontalteil des
Sonnenleiterschacht. Dieser führte durch eine unangenehme, über 100 m lange
Kluftstrecke, mit ständigen Niveauwechseln.
Durch den Zusammenschluß erhöhte sich die Niveaudifferenz auf -785 m. Weitere
Forschungen brachten die Länge in diesem Jahr auf 7483 m. Die
Horizontalerstreckung lag bereits bei 800 m.
Tiefenvorstöße
in den DÖF-Schacht erfordern
sichere Wetterverhältnisse. Im Herbst 1994 schienen die Verhältnisse zu passen.
Nachdem die Tour auf –527 m mehr als 14 Stunden gedauert hatte, war für weitere
Vorstöße ein Höhlenbiwak unumgänglich. Da Horizontalteile fehlen, blieb nichts
anderes als eine geneigte Felsplatte am Fuß eines kleinen Wasserfalles.
Das Biwak war
fürchterlich. Ein am Fußende gespanntes Seil verhinderte das Abrutschen in den
Strudeltopf des Wasserfalles.
Trotz allem gelang es auf genau 700 m Tiefe abzusteigen, wo das Seil im oberen
Bereich eines großen Schachtes zu Ende ging. Weitere 70-100 m Tiefe wurden
geschätzt. Der Wasserfall, der durch den Schacht stürzt erzeugt starken Nebel,
was zu dem Namen Nebelschacht führte. Roberts Fuß war verletzt und der Aufstieg
zum Biwak und am nächsten Tag aus der Höhle gestaltete sich problematisch.
Draußen fiel in der Zwischenzeit viel Schnee und es war schwierig das
Einstiegskar zu verlassen. Das Zelt war unter der Last des Schnees
zusammengebrochen, alles war naß und die Nacht entsprechend. Am nächsten Tag
halfen uns Freunde mit Tourenschi den Abstieg zu bewältigen.
Nach einem verregneten Sommer gab es 1995 einen großartigen Herbst. Vier
niederschlagsfreie Wochen boten die idealen Verhältnisse für einen weiteren
Vorstoß in den Döf-Schacht. Der Wasserfall beim Höhlenbiwak war zahm. Es stellte
sich heraus, dass der Nebelschacht 95 m tief ist. Darauf folgen viele kleine
Stufen mit schönen Wasserfalltümpeln und herauskorrodierten Fossilien. Unter
trockenen Bedingungen ist dies wohl einer der schönsten Höhlenteile, jedoch
sollte man nicht vergessen, wie es hier bei Normal- oder bei Hochwasser
aussieht! Dieser Abschnitt erhielt den Namen „Viktoriafälle“, nachdem der
Hauptbach der Höhle, bereits 1994 den Namen „Zambezi“ erhalten hatte. Ein
deutlich bewetterter, nicht sehr tiefer aber geräumiger, Schacht bei –839 m war
der Umkehrpunkt. Von dort führt die Höhle weiter in die Tiefe.
Einer Tour im Winter 1999
gelang es schließlich den bisher tiefsten Punkt bei –962 m zu erreichen. Dazu
wurde in einer Tiefe von 502 m am Grund eines trockenen Schachtes im 500er-Gang
ein neues Biwak errichtet. Es hat zwar schon für zwei Personen wenig Platz und
ist nur durch Abklettern erreichbar, dafür ist es aber trocken, ruhig und eben.
Im Anschluß an die Viktoriafälle wird bald der 56 m tiefe „Abyss-Schacht“
erreicht. Ihm folgen mehrere kleine Stufen bis zum Umkehrpunkt bei einem
weiteren kleinen Schacht. Auch hier ist noch Wetterführung spürbar und es sind
noch keine Anzeichen einer Rückstauzone zu erkennen.
In der Zwischenzeit gelang es
im Horizontalteil des Sonnenleiterschachtes weiter in Richtung Süden
vorzudringen. Die großen fossilen Gänge endeten bis 1995 an einem massiven,
stark bewetterten Versturz. Diesen zu überwinden war Ziel mehrerer Touren. Durch
Aufklettern über eine 15 m hohe Wand wurde eine große Halle erreicht. Von dort
aus mußten in einem kleinräumigen Gang noch 2 sperrende Verstürze ausgegraben
werden. Dahinter liegt die Fortsetzung der großen phreatischen Tunnel, die in
weiterer Folge mehrere Kilometer zusätzliches Neuland brachten. Bis zum Sommer
1999 wurden so 9.772 m Gesamtganglänge erreicht.
Die Auswertung der Meßdaten
zeigte, daß sich Döf- und Sonnenleiterschacht im Horizontalsystem (ca. –350 m)
schon sehr nahe gekommen waren. Eine Verbindung wurde von Tour zu Tour
wahrscheinlicher und die Suche nach einem möglichen Durchstieg intensiviert.
Trotz drei, bis zu 18 Stunden langen Tagestouren gelang es 1998 nicht, diese
Verbindung zu finden. Erst Ende Juli 1999 wurde mit dem letzten Seilrest vom
Döf-Schacht ausgehend, nach Überwindung mehrerer Engstellen, Kletterstellen und
Schachttraversen, der erhoffte Zusammenschluß geschafft.
Hierzu war ein Biwak notwendig. Der Ausstieg erfolgte durch den
Sonnenleiterschacht.
Das neue
Döf-Sonnenleiter-Höhlensystem erreichte durch den höheren Eingang des
Geisterjägerschachtes eine Niveaudifferenz von -1042 m und zu diesem Zeitpunkt
eine Gesamtlänge von 12.772 m.
Bei weiteren Vorstößen in den
Süden des Systemes wurden ausgedehnte phreatische Gänge gefunden. Unter anderem
ein über 500 m langer Gang, welcher an einem stark bewetterten Versturz endet.
In diesem Bereich reicht das Horizontalsystem bis auf eine Seehöhe von 1400 m
hinab.
Dieser Höhlenbereich wurde „Patagonien“ genannt und bietet noch großes
Potential für weitere Forschungen.
Die Forschungen werden fortgeführt. Die Ziele sind neben einem Tiefenvorstoß die
Verbindung zu den Grubsteinhöhlen, welche ungefähr 400 m vom südlichen Teil des
Systems entfernt liegen. Außerdem steht ein möglich weiterer Eingang zum
südlichen Teil der Höhle im Fokus, nachdem bereits die Begrenzung des
Plateaubereiches erreicht ist und nur noch etwa 200 m Überdeckung vorhanden ist.
K. Jäger, P. Jeutter, R. Seebacher und seit 1992 Patrick Hautzinger bilden das
Kernteam der Forschergruppe. Während der Jahre haben aber auch verschiedene
anderen Personen das Team an der Oberfläche und bei Vermessungstouren
unterstützt, wofür ihnen herzlich gedankt sei.
Charakter des DÖF-Sonnenleiter-Höhlensystems und
Bemerkungen zur Speläogenese
Die meisten Kare, Dolinen und Schächte, die große Öffnungen an die Oberfläche
haben enden zwischen 5 und 80 m Tiefe. Sie sind entweder mit Schutt oder Schnee
verlegt. Der Gletscher hat auf seinem Weg ins Tal viel Material bewegt. Bedingt
durch die langen Winter mit viel Schnee und der niederen Höhlentemperaturen von
1,5-3,0 °C bleibt ein großer Teil des Schnees das ganze Jahr erhalten, ein Teil
wird zu Eis. Das wärmer werdende Klima hat den Höhlenforschern in den letzten
Jahren „neue“ Höhlen geöffnet, z.B. den Geisterjägerschacht.
Generell führen vor allem kleine Öffnungen in größere, vertikal entwickelte
Höhlen mit weiterführenden, nicht verstürzten Schächten. Nicht selten führen
diese kleinen Zustiege schnell in große Schächte wie z.B. den Sledge Hammer
Schacht (-191m, 20 m x 15 m), den Big Brother Schacht (-154m x 16m x 10 m), den
Schleusenschacht (-45 m, -88 m, -56 m) oder den Großen Durchfallschacht (-146 m,
30 m x 10 m).
Das einzige Niveau mit nennenswerten Horizontalpassagen liegt auf ca. 1550 m
Seehöhe, 330 – 400 m unterhalb der Eingänge der drei Zubringerschächte. Dieses
Niveau entspricht einem alten Karstaquifer. Die großen Gänge Pipeline, Metro,
Nordwestpassage, Große Kluft und Magellanstraße leiteten das Wasser zu großen
Quellen in einem Gebiet, das heute nicht mehr existiert, weil die Täler nun viel
tiefer sind. Dieser „Collecteur“ ist ausgedehnt und reicht bereits zurück bis
zum Brieglersberg im Norden des Südostmassivs. Die Horizontaldistanz N-S ist mit
über 1,5 km jetzt schon bemerkenswert. Über 13 km
Ganglänge
wurden allein auf diesem Niveau bisher vermessen.
Viele Schächte münden in die Hallen und Gänge auf diesem Niveau. Heute führen
die meisten von ihnen weiter in die Tiefe. Der heutige Karstwasserspiegel liegt
viele hundert Meter tiefer. Der „Collecteur“ ist fossil und jetzt meist trocken.
Zur Erforschung sind jedoch viele Traversen nötig, da die durchziehenden
Schächte es verhindern durch die Gänge einfach hindurch laufen zu können. Bis
jetzt wurden drei der Schächte weiter in die Tiefe erforscht. Zwei endeten auf
1302 und 1175 m Seehöhe. Der tiefste erreichte Punkt sind die „Geschenkschächte“
auf 916 m Seehöhe wo noch kein Ende erreicht ist. Die Wasserwege in einem Karststock sind nicht immer trivial und verständlich. Einspeisungen von Sporen in den fünfziger Jahren zeigten, dass der Steyrersee, der südlich des Gebiets In den Karen liegt zu Quellen nordwestlich des Toten Gebirges hin entwässert. Also, etwa 30 km diagonal durch den Gebirgsstock. Und das obwohl nur etwa 2 km südlich des Sees die große Karstquelle „Sagtümpel“ liegt, die das Trinkwasser der Gemeinde Tauplitz speist (Schüttung etwa 50-3000 l/s). Das Niveau der Sagtümpelquelle (1020 müNN) entspricht zwar dem tiefsten Punkt der von französischen Höhlenforschern im Burgunderschacht, weiter südwestlich im Gebiet In den Karen, erreicht wurde, dennoch dürfte es sich dabei um einen hängenden Siphon handeln. Zwei große Karstquellen im Norden bzw. im Westen des Gebietes dürften als Resurgenz in Frage kommen. 1. der „Steyr Ursprung“ im Norden des Gebirgsstocks auf etwa 700 m Seehöhe gelegen, und 2. der „Stimitz-Ursprung“ am Westrand des Gebirges. Beide Quellen übertreffen die Schüttung des Sagtümpels um ein weites. Der Quellbezirk der Stimitz bringt bei Hochwasser über 10 m³/s. Die tiefsten Höhlenteile (ab „Abyss“) liegen bereits unter der Sagtümpelquelle, wodurch diese Quelle als Resurgenz ausscheidet. Zum Stimitz- bzw. Steyr-Ursprung liegen noch etwa 150-200 Höhenmeter Tiefenpotential. Bis jetzt sind am tiefsten Punkt keine Anzeichen einer Rückstauzone zu erkennen. Darüber hinaus gibt es Hinweise in anderen tiefen Höhlen des Toten Gebirges, dass zwischen 800 und 1000 m Seehöhe ein weiteres Horizontalsystem liegt.
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